Archive for the ‘Wissenswertes’ Category

Herrnhuter Sterne

Donnerstag, Dezember 5th, 2024

Zum 05. Kalendertürchen

Am Abend vor dem ersten Advent sass immer ein Kind hier und bastelte unseren alten Herrnhuter Stern zusammen. Auch wenn es bei uns weit weniger weihnachtlich aussieht als man vielleicht denken könnte – dieser Stern gehört einfach dazu.

Immer, auch in den Jahren, in denen es hier nicht wirklich eine besinnliche Vorweihnachtszeit gab, habe ich die blaue Schachtel rausgeholt und den Stern aufgehängt. Selbstverständlich habe ICH einen geflammten… mit rotem Kern, bei dem die Zacken in gelb auslaufen. Etwas anderes käme mir nie ins Haus.
Inzwischen ist der alte Stern schon reichlich lädiert; nachdem er 30 mal zusammen- und wieder auseinandergebaut wurde, war es an der Zeit für ein neues Exemplar. Dachten sich auch meine Kinder – und nun habe ich 3 Sterne. Einer hängt am ‚Herrenwohnzimmer, aber ich selbst konnte dieses Jahr umständehalber irgendwie noch nicht an diesen Weihnachtskram 🙁

Herrnhuter_Sterne, Foto: Ulrich van Stipriaan - Danke

Foto: Ulrich van Stipriaan – und inzwischen hat es dieses alte Foto bis auf Wikipedia geschafft 😉

Dieser Papierstern war, wie so vieles, zu DDR-Zeiten ohne Beziehungen fast nicht aufzutreiben und sehr begehrt.

Ein Großteil der Produktion des VEB Oberlausitzer Stern- und Lampen-schirmfabrik ging über den zentralen Außenhandel der DDR in den Export nach Westdeutschland sowie Finnland. Weil die Produktion der Adventssterne offenbar nicht in die Produktionspalette eines sozialistischen Betriebs passte, wurde die zuvor enteignete Sternherstellung nach 18 Jahren wieder an die Brüder-Unität zurückgegeben. Allerdings blieben staatliche Planvorgaben erhalten: Material wurde zugeteilt, die Zahl der Mitarbeiter und die Zahl der zu produzierenden Sterne vorgegeben.

Gelesen ~2009 in der Sächsischen Zeitung

Irgendwann Anfang der 90er Jahre war ich in einem Regionalverlag in der Oberlausitz beschäftigt und bin in dem Zusammenhang sogar mal in Herrnhut gewesen – in einer Werkstatt, in der Behinderte mit der Herstellung dieser Sterne beschäftigt waren.

Dies und das zur traditionellen Feuerzangenbowle

Mittwoch, Dezember 4th, 2024

Zum 04. Kalendertürchen

HR - Poster

HR – Poster

Sie ist das romantische Getränk der kalten Jahreszeit: die Feuerzangenbowle.
Ursprünglich wurde für die Feuerzangenbowle die sogenannte Feuerzange verwendet. Mit diesem Gerät aus dem Kaminbesteck konnten dem Herd- oder Kaminfeuer glühende Holzkohlen z. B. zum Anzünden der Pfeife entnommen werden. Mit der Feuerzange wurde ein Brocken Zucker gepackt, mit Rum übergossen und angezündet. Zucker wurde früher in Zuckerhüten geliefert, die viel größer und härter waren als die heute ausschließlich für Feuerzangenbowle hergestellten Zuckerhüte. Für die meisten Zwecke musste der Hutzucker erst mühevoll zerkleinert werden.

Bei Studentenverbindungen wird seit dem 19. Jahrhundert aufgrund der Farbähnlichkeit für Feuerzangenbowle auch der Begriff Krambambuli verwendet. Dieser wird heute in der Regel im Rahmen von Filmabenden zum Film Feuerzangenbowle (siehe Abschnitt unten) serviert oder – insbesondere in Österreich und auch in der Schweiz – bei speziellen Kneipen.

Die weltweit größte Feuerzangenbowle wurde im Dezember 2005 in München am Isartor vorgestellt. Dabei wurden 9000 Liter Punsch in einem etwa 3,4 Meter hohen Edelstahlkessel in Kupferoptik[1] mit 2,5 Meter Durchmesser gemischt und beheizt.[2] Die Feuerzangenbowle wird mit einer Trinktemperatur von ca. 70 °C ausgeschenkt und der Kessel strahlt – in den zugewandten Gesichtern der Umstehenden spürbar – Wärme ab. Des Weiteren überwiegt an der freien Flüssigkeitsoberfläche die Verdunstungskälte die Wärmewirkung des Rumfeuers am oberhalb liegenden Zuckerhut, sodass laufend mit entsprechend großer Leistung elektrisch geheizt werden muss. Der laufenden Abreicherung von Alkohol durch Abdampfen wird durch Nachfüllen von Wein und Zugabe von Rum gegengesteuert. Sie wird seitdem jeden Winter in dieser Größe am selben Ort angeboten (Stand: Dezember 2019).

Welche Wirkung die heiße Mischung aus Rum, Rotwein und Zuckerhut haben kann, wissen Filmfans spätestens seit dem Film „Die Feuerzangenbowle“ mit Heinz Rühmann. In der Anfangsszene des Films trinkt eine Runde älterer Herren Feuerzangenbowle und sinniert über ihre Schulzeit. Nur einer, der eher reservierte Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer, kann nicht mitreden, da er als Kind von einem Privatlehrer unterrichtet wurde. So wird beschlossen, dass Pfeiffer noch einmal zur Schule, diesmal auf ein „richtiges“ Gymnasium, gehen soll.

Um das belebende Punschgetränk nachmachen zu können, reicht schon ein Kochtopf, eine Kelle und ein feuerfestes Sieb (zur Not tut es auch eine alte gebogenen Kartoffelreibe aus Metall), worauf man den Zuckerhut legen kann. Zur Vermeidung von Stichflammen wird der Rum nicht direkt aus der Flasche, sondern dosiert aus einer Schöpfkelle nachgegossen. Schöner ist ein Kupferkessel mit Feuerzange…

Erster Advent – 2024

Sonntag, Dezember 1st, 2024

1.Advent

Die erste Kerze brennt für Stille,
für Ruhe und Gemütlichkeit
für Herzlichkeit und für den Willen,
zu leben in Behaglichkeit.

~

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Das Wort Advent kommt vom lateinischen ‚advenire‘ und bedeutet ‚ankommen‘.
Gemeint ist die Ankunft des Sohnes Gottes, die Geburt Christi im Stall zu Bethlehem zu Weihnachten.
Seit dem 5. Jahrhundert haben die Christen erkannt, advenire - ankommendass das Kind in der Krippe bei ihnen nur ‚ankommen‘ kann, wenn sie sich gründlich darauf vorbereiten.

Dem Weihnachtsfest wurde also eine Vorbereitungszeit vorangestellt, die ursprünglich sechs Wochen dauerte und am Tag nach dem Martinsfest (am 11. November) begann. Erst später wurde diese Zeit auf vier Sonntage verkürzt.

Heute nun brennt das erste Licht, wenn auch die eigentliche kirchliche Adventszeit schon lange angefangen hat. Die weltlichen und die kirchlichen Bräuche der Adventszeit sind eng miteinander verbunden. Im Laufe der Zeit vermischten sich kirchliche mit altgermanischen Bräuchen; jedoch blieben die Lieder und Spiele sowie die Feste der Heiligen Martin, Katharina, Andreas, Barbara, Nikolaus, Luzia oder Thomas bis heute erhalten. Besonders verbreitet sind noch heute Adventskalender und der Adventskranz. advenire - ankommen

Die Adventszeit

Schon im 6. Jahrhundert nach Christi Geburt wurde von Papst Gregor dem Großen die Adventsliturgie in ihren Grundzügen festgelegt.
Die 4 Wochen sollen symbolisch auf die 4000 Jahre hinweisen, die die Menschheit nach kirchlicher Rechnung auf die Ankunft des Erlösers warten mußte. Durch Übernahme gallischen Brauchtums war die Adventszeit zur Buß- und Fastenzeit geworden. Mit dem ersten Advent beginnt das Kirchenjahr.

Zur Adventszeit sind die Straßen der Städte hell beleuchtet. Überall hängen Lichterketten und bunter Schmuck. In den Fenstern hängen Sterne und andere Figuren aus Papier und aus vielen Küchen kommt ein schöner Duft: die Menschen fangen an, Plätzchen und besondere Weihnachtskuchen zu backen, und zahlreiche Weihnachtsmärchen werden erzählt. Auf den Bühnen finden zur Adventszeit passende Konzerte und Schauspiele statt.  In Deutschland sind in der Adventszeit in vielen Städten  die Weihnachtsmärkte geöffnet.

Adventskalender 2024

Sonntag, Dezember 1st, 2024

Zum 01. Kalendertürchen

Am 1. Dezember beginnt alljährlich ein Ritual, das sich an den folgenden 23 Tagen wiederholt: Am Adventskalender wird ein Türchen geöffnet. Dahinter erscheint dann ein Bild oder ein kleines Geschenk. Millionen der Tagezähler bis Weihnachten stehen in den Wohnungen. Die gelten als deutsche Erfindung.

Strohhalme, Kreidestriche und Kerzen

Uwe Mann von Velzen von der evangelischen Stiftung „Das Rauhe Haus“ in Hamburg sieht den Adventskalender jedoch schon in dem Adventskranz mit 24 Kerzen, den der Theologe Johann Hinrich Wichern 1839 in dieser Einrichtung für verwahrloste Kinder aufgehängt hat. „Damit wollte Wichern die Vorbereitung auf das Weihnachtsfest als Weg aus der Dunkelheit ins Licht veranschaulichen.“
Arme Familien konnten sich im 19. Jahrhundert einen Adventskranz nicht leisten. Sie machten Kreidestriche an die Tür und wischten täglich einen weg. Oder die Kinder durften je einen Strohhalm in die Krippe legen, um dem Christuskind ein weiches Bett zu bereiten. Weitere Formen sind die Weihnachtsuhr, oder aber eine Adventskerze die jeden Tag bis zur nächsten Markierung abgebrannt werden durfte. „Hinter allem steckte bei den christlichen Familien das pädagogische Ziel, die Kinder entsprechend auf das Weihnachtsfest vorzubereiten“, unterstreicht Mann van Velzen.

Ein sehr frühe Form des Adventskalenders ist diese Weihnachtsuhr (1902).
Hallo Karl-Martin… Der Abschnitt geht auf Deine Kappe.

http://www.merrytheschristmascollection.be/papadventcalendars.htm

Die erste Adventsuhr hatte den Namen “Weihnachtsuhr für Kinder”.
Sie wurde 1902 im Auftrag von Johannes Schrodt, Frankfurt bei der Evangelischen Buchhandlung in Hamburg herausgegeben.
Das Zifferblatt umfasste allerdings nur 12 Tage (vom 13. bis 24.) und nicht wie heute meist üblich vom 1. – 24. und jedem der zwölf Tage war ein Liedanfang (z.B. “Ihr Kinderlein kommet” oder “Alle Jahre wieder”) oder aber auch ein Bibelspruch zugeordnet.
In der Mitte des Zifferblattes der ersten Weihnachtsuhr war ein erleuchteter Tannenbaum zu sehen mit Rehlein und Hase am unteren Bildrand.
Ein Exemplar hängt im Weihachtshaus in Husum.

Diese Uhr hier ist eine ’neuere Ausgabe‘, von der St. Johanis-Druckerei in Dinglingen (Stadtteil von Lahr) aus 1922. Ich hatte wegen der Grafik Kontakt zu einem Sammler von alten Adventskalendern – der hatte all seine Schätze fotografiert. Ausserdem gibt es ein Buch, das an die alte Weihnachtsuhr erinnert… man bekommt es aber nur noch gebraucht z.B. über ZVAB:

Die Weihnachtsuhr. Geschichten, Gedichte, Rezepte
Hans Christians Verlag 1988, ISBN 3-7672-1050-9

1903 hatte der Verleger Gerhard Lang die Idee für eine erste Vorform eines Adventskalenders. Zeichnerisch umgesetzt wird diese von Richard Ernst Kepler. Die ‚Fenster‘ enthielten weihnachtliche Verse und konnten nach und nach mit Sammelbildern überklebt werden.

Im Lande des Christkinds 1903

Weitere Informationen zur Geschichte der Adventskalender gesucht? Gerne doch 🙂

Martinstag – Beginn der kirchlichen Weihnachtszeit

Freitag, November 11th, 2022

Der Heilige Martin - Martin von Tours

Am Martinstag erinnern wir an den Heiligen Martin von Tours. Er wurde Anfang des vierten Jahrhunderts in Ungarn, in dem damals zum römischen Weltreich gehörenden Sabaria geboren. Während seiner Zeit als römischer Legionär nahm er den christlichen Glauben an. Später wurde er Mönch und im Jahre 372 n. Chr. Bischof von Tours. Er verstarb 397 in Candes. Seine Berühmtheit verdankt er folgender Legende:

An einem Februarmorgen kehrte der 22jährige Martin mit seinem Burschen von einem nächtlichen Ritt heim. Es war ein harter Winter mit klirrendem Frost, und ein heftiger Schneesturm blies den Reitern ins Gesicht. Überall lag hoher Schnee und Eiszapfen hingen von den Bäumen. Gerade als die beiden zum Stadttor hineinwollten, schwankte aus einer Nische im Torbogen ein zerlumpter und vor Kälte zitternder Bettler hervor. Das zerfetzte Gewand bedeckte kaum seine Blöße, er schien halb erstarrt vor Frost. „Eine Gabe, guter Herr“, bettelte der Fremde. Martin hatte kein Geld bei sich, weil er gerade seinen ganzen Sold an arme Bauern verschenkt hatte, damit sie ihre Steuern zahlen konnten. So nahm er seinen weiten Mantel und halbierte ihn mit einem Schwertstreich. Die eine Hälfte warf er dem Bettler über die Schultern. Als der Bettler sich bedanken wollte, ritt Martin mit seinem Teil des Umhangs davon.

Die Legende sagt, dass Martin wegen seiner Wohltätigkeit überall bekannt war. Als der Bischof von Tours starb, wollte man Martin zum Nachfolger wählen, aber Martins Bescheidenheit war so groß, dass er sich im Gänsestall versteckte. Die Menschen suchten überall und in der Nacht auch mit Laternen nach dem guten Mann. Und als die Gänse sich laut kreischend über den Eindringling beschwerten, fand man Martin dann auch. 371 nach Christus wurde Martin der Bischof von Tours.
Am 8. November 397 starb Martin im Alter von 81 Jahren auf einer Visite in Candes, einer Stadt seines Bistums. Er wurde am 11. November in Tours unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt.

Tomb of Saint Martin of Tours in the crypt of the basilica

Grab des heiligen Martin in der Krypta der neobyzantinischen Kirche Saint-Martin de Tours

Sein Andenken überdauerte die Jahrhunderte: Noch heute folgt man mit Liedern und Laternen dem Martinsmann und verspeist anschließend seine Verräter, die Gänse.

Aprpos Martinsgans: auf kochmix.de findet ihr etliche Rezepte, mit denen ihr die verrätisches Gans als Martinsgans in die Pfanne hauen könnt ;). Um mich nicht selbst in die Pfanne zu hauen (der Abmahnwahn treibt komische Blüten), verzichte ich an dieser Stelle auf Geschichten, Reime oder Martinslieder für Laternenumzüge – aber man findet einige auf martin-von-tours.de

Brauchtum zum Martinstag

Sonntag, November 11th, 2012

Ganslsonntag heißt der Martinstag, wenn er auf einen Sonntag fällt oder auch der Sonntag nach Martini. Da gibt es die Herbstmusik, die jungen Burschen müssen ihre Mädchen zum Tanz führen und mit einem Gänsebraten bewirten. Wer versucht, sich zu drücken sucht, gilt als Geizkragen oder als schlechter Liebhaber und hat sich auf jeden Fall die Gunst seines Mädchens verscherzt.

Den Martinswein trinken die Winzer, oft im Rahmen eines Gemeindeabends, um für das künftige Jahr eine gute Ernte zu erbitten. Zu Martini hat auch der Most ausgearbeitet, an diesem Tag ist also der neue Wein getauft worden. Die Winzer fanden sich zum Martinstrunk oder Märtestrunk zusammen und nahmen die erste Kostprobe vom Heurigen. Der Märteswein floß‘ früher überall dort reichlich, wo Wein angebaut wurde: in Klöstern und in Winzerstädten war es üblich, an diesem Tag alle Leute freizuhalten.
Bei der Verkostung des ersten neuen Weines, der Martinsminne, darf die Martinsgans natürlich nicht fehlen. Vielerorts in Österreich wurde der Heilige Martin auch deshalb zum Patron des Gänseschmauses und der Gastwirte.

Puigaudeau,_Ferdinand_du_-_Breton_Girls_with_Chinese_Lanterns

Breton Girls with Chinese Lanterns
Ferdinand du Puigaudeau (1864-1930)

Der Martinsumzug am Martinsabend vereint eine verkleidete Person, die den heiligen Martin auf einem Schimmel darstellt, oft gehört auch ein Bettler dazu, immer aber eine große Kinderschar und ihre Eltern, die singend durch die Stadt/Gemeinde ziehen. Um den rechten Takt zu finden, wird der Gesang oft von einer Blaskapelle unterstützt.
Die Kinder tragen bei dem Umzug ihre meist selbst-gebastelten Martinslampen und Martinsfackeln. Der Martinsumzug findet seinen Abschluss vielfach durch die Mantelteilung oder durch ein Martinsfeuer. Der Lichterumzug hat ein liturgisches Vorbild: das Lucernarium, die Lichterprozession zur ersten Vesper des Vortages, wie sie an hohen Festtagen üblich war. Ist eine Bastelanleitung für Laternen gesucht?
Hier entlang bitte 🙂

St.Martins summer bezeichnet im Englischen das, was im Deutschen Altweibersommer oder anderswo Indiansummer (selten: Martinssommer) genannt wird, also besonders schönes Wetter in eher schlechterer Jahreszeit. Die englische Bezeichnung wird mit der Mantelteilung in Zusammenhang gebracht: Als Martin die Hälfte seines Mantels abgegeben habe, sei ihm sehr kalt geworden und er habe gefroren. Da hätten sich plötzlich Nebel und Wolken aufgelöst und die Sonne sei durchgebrochen. Dies sei der erste Sankt-Martins-Sommer gewesen.

Der Martinstag war einst auch Lostag, das heißt Mägde und Knechte wechselten ihre Dienststelle oder blieben wieder ein Jahr bei ihrem alten Herrn. Es wurden neue Pacht-verträge geschlossen und die Bauern und Gutsbesitzer mußten die Löhne an das Gesinde bezahlen. Oft gab es als Lohn auch Hühner oder Gänse. Die Woche nach dem Martinstag nannte man im übertragenen Sinne Martinioktav, die letzten acht Tage des bäuerlichen Arbeitjahres galten lange Zeit als Jahresausklang. In dieser Woche wurden nur die nötigsten Arbeiten im Stall und auf dem Feld erledigt, es wurde gefeiert, man aß und trank, besuchte Freunde und Verwandte.

Martini als Zinstermin war der Ablieferungstag von Naturalien. So wurde die Martins-gans dem Lehrer oder dem Pfarrer als Deputat überreicht, später als Geschenk Verwandten oder Bekannten zugesandt und auch mit Martin Luther in Verbindung gebracht: viele essen sie ihm zu Ehren, nur des Namens wegen.

Am Abend des Martinstages überreichte der Viehhirte seinem Dienstherrn eine grüne Rute, oft einen Birkenzweig, an dessen Spitze man einige Blätter ließ, ergänzt durch Zweige von Eiche und Wacholder, der dann im Frühjahr zum Viehtrieb verwendet wurde. Die Martinigerte (Mänensgene oder Martinsgerte) wurde am Tag der Epiphanie (6.1.) geweiht und sollte beim Viehauftrieb den Tieren Schutz gewähren. An manchen Orten wurden die Frauen und Mädchen mit einer Martinsgerte geschlagen; die ‚grünen Streiche‘ sollten den Segen und die Fruchtbarkeit auch auf sie übertragen.